8. Tag, Lidköping -> Hällekis (28.4km)

7. September 2015

Der Tag begann wie üblich um 8:30. Nach dem Frühstück ging es gleich an die Arbeit: der Bootswagen musste wieder montiert werden. Nebenbei wurden die Wasservorräte wieder aufgefüllt und noch einige kleinere Reparaturen durchgeführt.

Bis wir schließlich auf dem Wasser waren, war es gegen 14:30. Der Wind war nur geringfügig schwächer und so waren wir bereits nach den ersten 100 Metern komplett nass. Hinzu kam: Wir hatten erneut vergessen, die Steueraushebesicherung einzusetzen und die Wellen zeigten kein Erbarmen. Das Steuer war aus der Befestigung ausgehängt und somit nicht mehr nutzbar. Also mussten wir direkt umdrehen und den nahe gelegenen Hafen ansteuern. Im Nu war das Steuer wieder eingehängt und die Steueraushebesicherung angebracht. Die Fahrt konnte weitergehen.

Steuer mit montierter Steueraushebesicherung am oberen Ende

Die Wellen zeigten auch weiterhin kein Erbarmen, sodass die Pumpe angeworfen wurde. Leider schaffte sie es nicht, den Pegel im Boot nennenswert zu senken. Nachdem Dreck die Pumpe praktisch zum Erliegen brachte, musste die große Pumpe ausgepackt werden. Eigentlich versuchen wir, diese Pumpe nicht zu nutzen, weil der Schlauch so starr ist, das die Pumpe nur schwer zu händeln ist. Aber es half nichts. Die Pumpe senkte erfolgreich den Wasserstand, sodass wir die Pumpe wieder abschalten und unbesorgt weiter konnten. Bei solch einem Wetter ist es immer notwendig, dass mindestens einer weiterrudert, um die Manövrierfähigkeit zu wahren und nicht unkontrolliert abzutreiben. Das bedeutet, dass bei Arbeiten an der Pumpe einer weiter rudert, was zusätzlich an den Kräften zehrt. Dementsprechend versucht man solche „Pausen“ möglichst kurz zu halten. Umso weiter wir kamen, umso häufiger lief die Pumpe, bis sie schließlich durchgehend fördern musste. Letztendlich half auch das nicht mehr ausreichend, sodass wir anfingen zu „kreuzen“. Heißt: Wir fahren ein Stück senkrecht in die Wellen rein und nehmen mehr viel Wasser auf, kommen dafür nennenswert voran. Das nächste Stück wird nun parallel zu den Wellen gefahren, um der Pumpe die Möglichkeit zu geben, das aufgenommene Wasser abzupumpen, fahren dafür allerdings auch quer zum Ziel. Insgesamt kommt man so wesentlich langsamer voran, allerdings war es zu diesem Zeitpunkt die einzige Möglichkeit, sicher voran zu kommen.

Nach gut 1 1/2 Stunden kontrolliertem baden im Boot, suchten wir eine gute Pausenstelle. In einer kleinen Bucht boten sich einige kleinere Stege an, die durch teils unter Wasser liegenden Steinen vor den Wellen geschützt waren. Dort angekommen, wurden die Pausenvorräte gekapert und die Klamotten gewechselt. Nach kurzer Inspektion des Bootes (die abgeschotteten Bereiche waren tatsächlich praktisch trocken!) ging es weiter. Keine 100m draußen, löste sich beim Rückwärtsfahren das Steuerseil erneut vom Steuer, sodass wir direkt umdrehten und das Steuer reparierten (diesmal ohne Werkzeug zu verlieren ;)). Beim nächsten Versuch blieb dann alles ganz, sodass wir weiter Richtung Hällekis konnten. Wir schlängelten uns durch diverse Steine und umfuhren einige Fischernetze.

Bis Hällekis kamen wir relativ gut voran. Der erste Campingplatz wurde gesichtet und die Freude war groß, dass wir bald am Ziel ankommen würden. Als Openstreetmap uns anzeigte, dass unser Zielcampingplatz zu unserer linken liegen sollte, fanden wir lediglich Wald und Industrie vor. Die Verwirrung war groß, sodass wir per Google Maps und Eniro (teils sehr gutes Luftbild in Schweden) herauszufinden versuchten, wo der Campingplatz genau sein soll. Allerdings wurde uns keiner angezeigt. Der vorherige Platz ist vom Wasser aus nicht anfahrbar, das heißt, wir suchten nun eine gute Anlegemöglichkeit, um zu Fuß zum Campingplatz zu gehen. Nachdem uns ein Anwohner erfolglos die besten Stellen im Hafen anbot, wurden wir einige 100 Meter weiter fündig: ein kleiner Sandstrand! Die Umgebung wurde sondiert und für gut befunden. Ein weiterer Anwohner bestätigte uns die Möglichkeit, dort anzulegen und auch zu campen. („Ja, klar! Braucht ihr denn noch was? Danke fürs Nachfragen und eine ruhige Nacht!“) Die letzten Tage waren wir bereits am Campingplatz gewesen, deshalb entschieden wir uns, den Strand zu nutzen und direkt auf der Wiese dahinter unser Nachtlager aufzuschlagen.

2 Gedanken zu „8. Tag, Lidköping -> Hällekis (28.4km)“

  1. Hallo Julian,
    ich habe erst gestern von deiner Mutter die Info/Link zu diesen Seiten erhalten. Ich habe gleich mal reingeschaut, aber da hat sich ja schon einiges angesammelt, das ich erstmal nur schnell überflogen habe. Macht aber einen guten Eindruck und Lust auf mehr!

    Überhaupt, es ist für die Leser viel spannender, wenn man zeitnah miterleben kann, wie es euch gerade (er)geht als wenn man irgendwann später mal gesammelte Werke nachblättern kann. Jetzt kann man noch mitfiebern und euch die Daumen drücken!
    Wenn ihr erst wieder zurück seid, interessieren sich die Leute kaum noch dafür, wie ihr es geschafft habt. Die meisten werden sich mit „Von wo nach wo? Wieviel Wochen? Wieviel km?“ zufrieden geben.

    Bei mir kamen Erinnerungen hoch an meine Ostseefahrradtour vor 23 Jahren. Ein Teilstück führte von Stockholm nach Göteburg, also genau entgegengesetzt zu eurer Route. Aber der Wasserweg weicht stark von der Landstraße ab.

    Allerdings beim Blick auf den Tracker heute Nachmittag stutzte ich: ich bin damals auch am Vätternsee südwärts gefahren – mal nachschauen … 27.8.92 von Karlsborg nach Jönköping. An diesem Tag hatte ich übrigens die größte Panne auf der 100-Tage-Tour: ich musste die Felge hinten tauschen. Hoffe, bei euch lief heute alles glatt!

    Oder doch nicht? Ich hätte gedacht, dass der Wasserweg am Ostufer bei Motala weiter geht und ihr euch eher nördlich haltet. Machte der Ostwind euch zu sehr zu schaffen?

    Dir und Torben weiterhin eine gute Reise mit vielen Erlebnissen
    VG Detlef

    1. Hallo Freddel,

      Aktualität… Da ist leider viel wahres dran. Wir arbeiten aktuell hart daran, die Tage sinnvoller zu nutzen, sodass wir mehr Zeit für andere Aktivitäten (wie z.B. den Blog) finden. Leider kommen wir regelmäßig so spät an, dass die Motivation, mehr als Essen und Schlafen gehen zu tun nicht allzu gewaltig ist 😀

      Ich denke aber, dass wir das auf jeden Fall noch bessern werden. Wäre auf jeden Fall schade, wenn nicht!

      ‚Die meisten werden sich mit „Von wo nach wo? Wieviel Wochen? Wieviel km?“ zufrieden geben.‘

      Das sind aktuell so die Standardfragen, die wir hier mehrmals täglich hören, wenn wir auf einen interessierten Schweden treffen (und das passiert doch häufig) 😀

      ‚Hoffe, bei euch lief heute alles glatt!‘

      Glatt bei weitem nicht, aber keine so ernsten Probleme, wie gleich ne ganze Felge zu tauschen! Prinzipiell kommen wir auch bei schlechtem Wetter noch voran, wie es an diesem Tag herrschte. Das Problem daran ist, dass der Energieaufwand irgendwann unverhältnismäßig zum Voranschreiten wird. Gerade das besagte Kreuzen ist beim vollen Ausfahren extrem langsam (zu mindestens was die relevante Strecke angeht ;)) Dementsprechend wenig Kilometer schafft man insgesamt und umso geschaffter ist man abends. Aber immerhin: bis jetzt hatten wir keine ernsthaften Zwischenfälle, keine größeren Schäden (Eher Kleinigkeiten, wie z.B. die kaputte Steuerleine) und regelmäßig sehr gutes Wetter!

      Um auf unterschiedliche Wetterverhältnisse, körperliche oder materielle Probleme usw. reagieren zu können, haben wir uns mehrere Optionen gelassen, z.b. ob wir den Vänern am Nord- oder am Südufer entlangfahren. Da wir auf den ersten Tagen viel zu wenig Strecke geschafft hatten, sind wir das kürzere Südufer gefahren.
      Durch die dennoch freigewordenen Tage haben wir uns beim Vättern dann für das längere Südufer entschieden, damit wir in Linköping keine unnötig lange Pause haben werden. Ich fahre von Linköping mit dem Zug nach Hamburg, um dort eine Klausur zu schreiben. Dementsprechend ist unsere Abfahrtszeit dort gebunden. Mittlerweile haben wir festgestellt, dass das Nordufer durchaus besser gewesen wäre, nur waren damals die Wettervorhersagen auch weitaus windpositiver für uns, als sie aktuell sind … Der Ostwind erzeugt Wellen, die zwar ruderbar, aber nicht mehr sicher zu berudern sind. Deswegen heute auch der Landgang. Um nicht zu viel Zeit zu verlieren, sind wir so wenigstens noch gut 23km zu Fuß voran gekommen 🙂

      Du hast dementsprechend recht, wir fahren die Tage wieder nach Motala hoch und von dort aus weiter Richtung Ostsee.

      ‚Dir und Torben weiterhin eine gute Reise mit vielen Erlebnissen‘

      Danke! Erst gestern durften wir erneut die Gastfreundlichkeit der Schweden erfahren, als uns ein Landwirt auf seinem Grundstück aufnahm und zum Essen einlud.

      Schöne Grüße aus Schweden
      Julian

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